3 Jahre Elektroaußenborder: Ein Zwischenfazit

Elektronischer Außenbordmotor Epropulsion Spirit 1.0 montiert am Dinghy

Epropulsion Spirit 1.0

Die Geschichte

Vor ca. 3 Jahren haben wir unseren E-Propulsion Spirit 1.0 gebraucht von einem Salzburger Pärchen gekauft. Die beiden haben den Motor für ihr selbstgebautes Holzboot am Mattsee verwendet und waren so zufrieden damit, dass sie den Motor noch einmal (allerdings mit Langschaft) kaufen wollten. Es war unser wohl bisher nettester Willhaben-Kauf (eine Gebrauchtwarenplattform in Österreich). Bei Kaffee und frischgebackenen Kuchen unterhielten wir uns über die Bastelwerke des Pärchens und unsere Pläne die Welt mit dem Segelboot zu bereisen. Am Ende der Kaffeejause sind wir um 1500 EUR ärmer, haben dafür einen gut gepflegten Elektroaußenborder Baujahr 05/2020. Der Neupreis des Models lag damals bei ca. 2200 Eur. Doch wie kam es dazu?

Warum ein Elektromotor?

Wir waren geprägt von Charterurlauben, in denen die Außenbordmotoren im besten Fall eine halbe Woche funktionierten. Am Ende verzichteten wir eigentlich immer auf den Außenbordmotor, wenn ein Aufpreis zu zahlen war, da die meisten Strecken zu paddeln waren und wie erwähnt meist die Motoren ohnehin nach einer halben Woche den Geist aufgaben. Als frische Bootseigner ohne handwerklichen Background sind wir froh über Dinge, die funktionieren und wartungsfrei sind. Die Autarkie, welche wir mit einem Elektromotor haben, und und keine zusätzlichen Benzinkanister finden wir ebenfalls attraktiv, da unser 10 m Segelboot nun mal nicht vor Stauraum strotzt. Die Größe des Dinghys ist - der Bootsgröße geschuldet - ebenfalls limitiert, daher sind die äquivalenten 2,5 PS für uns auch kein wirklicher Showstopper. Wir haben unser Segelboot ohne Dinghy und zugehörigem Motor gekauft und können also aus der vollen Bandbreite des Marktangebots wählen. Wir entscheiden uns für ein beliebtes Elektrosetup ein Takacat Dinghy, da die Katamaranform weniger Wasserwiderstand hat, und den Elektromotor.

Warum der E-Propulsion?

Die einzig vergleichbare und etablierte Alternative (Motor mit integriertem Akku) war der Torqueedo Travel. Nach einiger Recherche fanden wir die objektiven Spezifikationen beim E-Propulsion etwas besser. Ein wenig besserer Akku, schwimmfähige Batterie und ein bisschen billiger.

Was gefällt uns?

Der Motor ist bislang komplett wartungsfrei, bis auf dass die Kontakte hie und da gereinigt werden wollen und statt Motoröl brauchen wir viel Kontaktspray. Morotservice ist gar keines von Nöten und bisher mussten wir nichts austauschen (nicht mal die Anoden). Der Motor ist leise, hat uns bisher (außer den Kontaktproblemen, die schnell gelöst sind) nie im Stich gelassen und wir können ihn an Board mit Solarstrom laden. Davon haben wir ausreichend um die 1000 Wh Batterie zu laden (Unser Solarsetup findest du unter Stromsystem hier).

Die Reichweite ist, bei gemäßigter Geschwindigkeit, exzellent. In der Praxis fahren wir mit 330 W Leistung (ergibt 3 Stunden Fahrzeit) ca. 3 Knoten mit unserem Takacat 240 zu zweit. Das ergibt 9 Seemeilen Reichweite. Geben wir Vollgas kommen wir auf nicht mehr als 4,5 Knoten, können allerdings nur mehr 1 Stunde fahren. Das ergibt nur mehr 4,5 Seemeilen Reichweite, also die Hälfte. Anhand dieser Rechnung sieht man schnell, zwei Dinge: Die Maximalgeschwindigkeit ist niedrig und da wir auch mit maximaler Leistung nicht ins Gleiten kommen, sinkt die Reichweite überproportional.

In den zwei Jahren Mittelmeer für die Urlaubssegler war er absolut perfekt. Wir haben wegen der Reichweite des Motors hier nie nachdenken müssen, wo wir ankern. In der Karibik haben wir, wo es nötig und möglich war, Ankerplätze in der Nähe der Dhingydocks gewählt. Das war selten ein Problem und hat uns eigentlich nie eingeschränkt. War die Strecke einmal länger, ist es die Reichweite kein Problem, es dauert halt ein wenig länger. Hier eine kurze einfache Rechnung: Die wenigsten Strecken die wir mit dem Dinghy zurücklegen, sind länger als eine halbe Seemeile. Wir brauchen für die Strecke mit 3 Knoten ca. 10 min. Würde man die Strecke mit 10 Knoten zurücklegen, dann wären es nur 3 min. Ein Unterschied von 7 min. Zugegeben fühlt sich das am Dinghy wie eine Ewigkeit an, aber rein objektiv gewinnt man nicht sehr viel Zeit vom Tag, wenn man nicht sehr oft hin- und herfährt.

Die paar Minuten Fahrtzeit sind dafür Quality time. Man kann sich normal unterhalten oder sich Meeresgetier wie Schildkröten in Ruhe annähern ohne, dass dieses gleich in Panik davon will, weil der Motor einfach sehr leise ist.

In einigen Fällen hatten wir durch das leichte Setup unseres Motors mit Dhingy auch noch einen anderen Vorteil; wir können beinahe überall anlanden, da wir das Dinghy noch gut zu zweit tragen können. Ein weiterer Vorteil ist, die Batterie ist abnehmbar, schwimmt sogar und hat allein gut handhabbare 8,5 kg. Der Motor ohne Batterie hat 11 kg, man kann also beides sehr einfach bewegen. Gerade in Gebieten mit Tidenhub ist die leichte Handhabung des Dinghys ein wichtiger Faktor. An den Stränden, wie an der Pazifikküste von Panama, tragen wir das Dinghy schnell einmal ein paar Meter, damit es bei Flut nicht davonschwimmt. Aber auch in der Karibik haben wir es oft wohin getragen, um es beispielsweise abzusperren. Das geht mit unserem Dinghy noch ganz gut.

Der Motor ist sogar so wasserfest, dass er einen kompletten Tauchgang überlebt hat. In Guadeloupe hat eine Windböe unser Dinghy samt Motor umgedreht. Wir haben daraufhin den gesamten Motor gut mit Süßwasser gespült, alles trocknen lassen und die Kontakte mit Kontaktspray eingesprüht. Das ist nun 4 Monate her, der Motor hat scheinbar keinen Schaden genommen.

Ein Funfact, sich in der Praxis als äußerst nützlich erweist: Unser Katamaran Dinghy mit dem Elektromotor ist so sonderbar, dass es nicht begehrenswert ist - sprich wir machen uns wenig Sorgen, dass es gestohlen wird. Man kann damit schließlich nicht herumfetzen, außerdem sieht es seltsam aus. Es sorgt meist bloß für Mitleid. Am Dinghydock liegen viel attraktivere Fortbewegungsmittel,

Was finden wir nicht so gut?

Die Kontakte des Motors sind ein Graus. Die Batterie hat zwei Kontakte für zwei Stecker: einmal einen für den Motor und einen zum Laden. Kontaktspray ist unerlässlich und manchmal mussten wir die Kontakte des Kabels mit Zahnstocher und Antikorrossionsspray reinigen, damit noch was geht (zugegeben das war 2-3 Mal in 3 Jahren). Der Stecker des Motorkabels sitzt nicht gut und war schon beim Kauf ein wenig lädiert. Der Ladekontakt ist noch schlechter designt und es ist oft eine Spielerei den Ladestecker so zu platzieren, dass er auch lädt. Das extra zu erwerbende Gleichstromladegerät war überhaupt von so schlechter Qualität, dass es relativ schnell komplett kaputt war.

Ansonsten merkt man ihm generell Abnützungserscheinungen an. Der Gummigriff der Pinne hat sich nun (nach 6 Jahren) gelöst und muss neu geklebt werden und eines der Plastikteile zum Festschrauben des Motors ging so streng, dass es nun gebrochen ist. Zugegebenermaßen schonen wir den Motor nicht, er ist Tag für Tag Sonne und Salzwasser ausgesetzt, allerdings sollte er eigentlich auch genau für das designt sein.

Der Batterie merkt man nach 5 Jahren einen leichten Kapazitätsabfall an. Das ist ähnlich wie bei einem Handy, der Akku funktioniert noch, hat allerdings wohl nur mehr 70 % der Originalkapazität. Damit kommt der eigentlich größte Nachteil. Der Motor ohne Batterie ist beinahe wertlos. E-Propulsion bietet für die Spirit Serie keine Akkus mehr an, obwohl die Spirit Plus Serie quasi den selben Akku verwendet. Man müsste also einen umprogrammierten Akku um über 1150 EUR kaufen um den Akku zu ersetzen und den Motor umprogrammieren lassen. Wir haben nur eine deutsches Unternehmen gefunden, dass das überhaupt anbietet, außerhalb Europas also keine Option. Ein neuer Spirit 1.0 Plus kostet 2000 EUR auf SVB, angesichts der Abnützungserscheinungen des Motors wüsste ich nicht, ob ich nicht - selbst in Europa - gleich zum komplett neuen Motor greifen würde.

Das Fazit

Im Großen und Ganzen sind wir mit unserer Entscheidung zufrieden und trotz des noch immer exorbitanten Preisunterschiedes würden wir uns wieder für einen Elektroaußenborder entscheiden. Die Autarkie, Verlässlichkeit und die Ruhe finden wir wichtiger als Geschwindigkeit. Mit der Leistung hatten wir noch nie Probleme. Auch unser reduziertes Platzangebot und unser kleines Dinghy sind Faktoren die, die Elektrovariante attraktiv machen. Wobei wir Segelpaare mit größeren Dinghis getroffen haben, die überlegt haben sich ein kleineres handlicheres Dinghy zu kaufen, schließlich ist man gerade auf Langfahrt oft nur zu zweit unterwegs. Dann ist es gerade in Gebieten mit starken Tidenunterschieden, wo man das Dinghy weit trägt angenehm, wenn alles noch handlich ist.

Wir haben die erste Generation Elektroaußenbordmotor, das merkt man an einigen Ecken und Enden. E-Propulsion hat einiges, vor allem an den schwachen Kontaktstellen beim Nachfolgermodell geändert. Seit einiger Zeit gibt es von Torqueedo eine 1600W (äquivalent zu 5 PS Benzin) mit integrierter 1425 Wh Batterie. Der Preis von mindestens 3600 EUR ist noch recht saftig. Trotzdem sieht man wo die Reise hingeht und wie schnell sich die Modelle noch entwickeln. Bei Motoren mit integrierter Batterie ist mit diesem Modell der Leistungszenit momentan erreicht. Bei großen Dinghies ist man dann entweder auf einen Benziner angewiesen oder muss sehen wo man die externe Batterie unterbekommt.

Müssten wir jetzt einen neuen Motor kaufen, würden wir wohl zu einem Torqueedo greifen, da die verbesserten Akkus der neuen Modelle mit den alten Motoren kompatibel sind.

Zusammenfassung

Tacakat 240 L mit E-Propulsion Spitir 1.0 Classic.

Zahlen und Fakten:

  • Dinghy: 2,40 m Takacat Katamaran-Dinghy

    • Gewicht: 20 kg

    • Zugelassen für 2 Personen

    • Getestet bei moderaten Bedingungen bis zu 4 Erwachsene

  • Motor: E-Propulsion Spirit 1.0 Classic Baujahr 05/2020

    • Batterie: 1018 Wh

    • Maximalleistung: 1000 W = ca. 2,5 PS Benzinäquivalent

    • Reichweite: 330 W (unser Standard), 3 Knoten, 3 Stunden = ca. 9 Seemeilen

    • Maximalgeschwindigkeit: 4,5 Knoten bei 1 Stunde Reichweite

    • Gewicht: Batterie 8,5 kg, Motor 11 kg

Vorteile:

  • Autarkie: laden über Solarstrom an Bord

  • Wartungsfrei: außer ein paar Anoden gibt es nichts zu warten

  • Geringer Platzbedarf: keine zusätzlichen Dinge wie Benzinkanister oder Wartungsteile notwendig

  • Leise: man kann sich unterhalten bzw. sich Tieren langsam nähern

  • Einfache Handhabung: Batterie und Motor lassen sich einfach trennen und sind leicht

  • Wasserfest: der Akku schwimmt und auch ein kompletter Tauchgang im Salzwasser hat keinen Schaden verursacht

  • Bisher unattraktiv zu stehlen: der Motor ist schwach und Leute außerhalb von Europa wissen wenig mit Elektromotoren anzufangen

Nachteile:

  • Hoher Preis: ein 2,5 PS Modell, wie unser Motor, kostet um die 2200 EUR, 5 PS kosten ca. 3600 EUR

  • Teurer Akku: ein neuer Akku für den E-Propulsion kostet ca. 1200 EUR

  • Geschwindigkeit und Leistung sind begrenzt: mit unserem Spirit 1.0 Classic schaffen wir nicht mehr als 4,5 Knoten

  • Spirit 1.0 Classic: Qualität der Kontakte und einige andere Kleinigkeiten

  • Kaum Möglichkeiten selbst etwas zu reparieren

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Oh, wie schön ist Panama