Refit am Trockendock

Einer der schöneren Momente am Trockendock von Cecina

Im April 2023 geht es für unsere Vaquita für ein Monat aus dem Wasser - zumindest ist das der Plan. Wir merken bald, dass der Satz „Welche Zeit auch immer man für Bootsarbeiten rechnet - verdopple sie!“ auch auf unser Vorhaben zutrifft. Aber fangen wir mal von vorne an…

Neuer Unterwasserschiffanstrich: Coppercoat

Wir wollen das Unterwasserschiff abschleifen und mit einem neuen, umweltfreundlicheren Antifouling streichen. Das Antifouling soll Bewuchs (Algen, Muscheln usw.) am Bootsrumpf verhindern, der uns im Wasser bremsen würde. Unser altes Antifouling besteht aus einer giftigen Farbe, die sich langsam ablöst und mit ihr der Bewuchs. Wir haben uns für Coppercoat entschieden, der - wie der Name schon sagt - aus festem Kupfer und Epoxidharz besteht. Das Kupfer bildet mit Sauerstoff Kupferoxid, welches wiederum Bewuchs verhindert ohne dabei das Meer unnötig zu vergiften.

Zuerst kratzen wir das alte schwarze Antifouling ab, bevor wir den kompletten Rumpf abschleifen. Das ist eine sehr anstrengende Arbeit, da wir viel kopfüber schleifen müssen und wir spüren an Tag 3 schon den Muskelkater in den Armen, Schultern und im Rücken. Wir wissen anfangs auch noch nicht ganz genau wie viel wir überhaupt schleifen müssen, denn unter dem Antifouling befinden sich mehrere Schichten Primer. Zuerst schleifen wir auch die graue Schicht bis zur ersten weißen Schicht (Gelcoat) weg und unser italienischer Trockendock-Freund schüttelt nur den Kopf und erklärt uns, dass wir bei der grauen Schicht aufhören sollen zu schleifen (später stellen wir fest, dass es sich dabei um Epoxyprimer handelt, welcher das Boot vor Osmose schützt). Wir entdecken am Rumpf beim Ruder auf der grauen Schicht die Beschriftung „N°24“ - unsere Rumpfnummer. Jetzt sind wir uns sicher, dass die graue Schicht von der Werft aufgetragen wurde und freuen uns den 25 Jahre alten Schriftzug zu entdecken.

Austausch der Borddurchlässe und Seeventile

Wenn wir schon alles abschleifen und neu streichen, wollen wir auch alle alten Borddurchlässe und Seeventile tauschen. Das sind alle Salzwassereinlässe und Abflüsse, die durch den Rumpf gehen. Wir steigen auf hochwertige Platikdurchlässe um, da diese nicht so anfällig auf Haarrisse sind wie jene aus Messing. Also her mit der Flex und raus mit den alten Borddurchlässen. Dann heißt es nur alles gut abdichten und rein mit den Neuen - klingt schnell und einfach, allerdings sind die neuen Seeventile zum Absperren der Duchlässe um einiges größer und damit teilweise schwerer unterzubringen. Nach etwas Tüpfteln und viel Dichtmasse haben wir es aber geschafft - hoffentlich ist später auch alles dicht!

Mehr Schleifarbeiten

Beim Abschleifen entdecken wir einige Unebenheiten im Rupf bzw. kleine Bläschen (zum Glück keine Osmose!) und wir beschließen diese etwas weiter auszuschleifen und mit einer Spachtelmasse wieder zu kitten. Natürlich müssen wir danach wieder alles schön glatt schleifen. Mitte April streichen wir zusammen mit meinem Papa die ersten zwei Schichten Primer - ein Schritt in die richtige Richtung! Am nächsten Wochenende geht es nach neuerlichem Abschleifen gleich mit den nächsten beiden Schichten weiter.

Fürs Streichen haben wir das Ruderblatt etwas runtergelassen und bemerken, dass die 20 cm hohe Aluminiummanschette am unteren Ende des Ruderschafts korrodiert ist. Über die Herstellerfirma des Ruders bekommen wir den Kontakt zu Rigger Antonio, der sich das Problem anschaut und das Ersatzteil für uns bestellt.

Coppercoat streichen

Leider macht auch das Wetter in Italien im April was es will und wir finden kein gutes Wetterfenster um den Coopercoat zu streichen. Dafür brauchen wir zumindest 4 Tage ohne Regen, da das Epoxidharz sehr langsam trocknet. Zum „Glück“ haben wir auch noch ein paar andere Arbeiten zu tun: wir bauen eine elektrische Bilgenpumpe ein, reparieren die elektrische Ankerwinsch, servicieren die Winschen, bauen eine neue Logge und Echolot ein, tauschen die Dichtungen der Toilettenpumpe und die Schläuche, kitten und streichen die Türen der Badezimmerkasterl, bauen unser neues Funkgerät ein und erledigen noch viele weitere Kleinigkeiten.

Ende April passt endlich das Wetter und wir streichen zu zweit in 9 Stunden ohne Pause fast 7 Schichten Coppercoat. Zwischen den Schichten müssen wir immer wieder das Epoxy mit 1 kg Kupferpulver anrühren. Wir sind fertig nach dem anstrengend Tag!

Coppercoat aktivieren

Nachdem alles getrocknet ist, muss der Coppercoat noch aktiviert werden - klingt einfach bedeutet aber, dass wir den gesamten Rumpf glatt schleifen müssen, um die Kupferpartikel frei zu legen, damit diese mit Sauerstoff oxidieren können. Das dauert trotz Unterstützung einige Tage. Danach muss das Boot noch versetzt werden, um die Stelln, die unter den Stützen waren, abzuschleifen und mit Primer und Coppercoat streichen zu können. Bei der Gelegenheit bauen wir auch das Ruder komplett aus und entfernen die alte Manschette.

Wir streichen auch noch den roten Najad-Streifen, da die Farbe schon etwas ausgeblichen ist.

Zielsprint

Da wir nicht sicher wissen, wann genau sich noch ein Krantermin ausgeht in den wenigen Tagen, die uns noch bis zur Heimreise bleiben, bekommen wir zunehmend Stress. In einer Nacht und Nebelaktion holen mein Papa und Peter die neue Manschette fürs Ruder aus Marina di Pisa und kleben sie um Mitternacht noch an den Ruderschaft, um den Krantermin am nächsten Tag zu halten.

Ende Mai geht es für Vaquita endlich wieder ins Wasser! Wir haben doppelt so lange gebraucht als ursprünglich geplant und sind unzählige Male zwischen Wien und Cecina hin und hergefahren, denn zwischendurch mussten wir auch immer wieder unseren bezahlten Jobs nachgehen. Es war eine anstrengende und schweißtreibende Zeit und oft hat uns auch die Motivation verlassen, aber wir haben es geschafft und viel dabei gelernt!

Danke an alle Helferleins die extra nach Italien gekommen sind! Ohne euch hätten wir es nicht geschafft! Schön solch unterstützende Familie und Freunde zu haben - Danke Dean, Romana, Papa, Julia, Max, Lena und Raphi ❤️


Nützliche Tipps:

  • Marina zum selber am Boot arbeiten: In Italien an der Toskana Küste haben wir nur Marina Cecina gefunden.

  • Coppercoat:

    • Für altes Antifouling abtragen unbedingt einen Kratzer mit Sauger besorgen und ein potentes Schleifgerät.

    • Alte Anstriche bis auf den 2-Komponenten Epoxyprimer oder Gelcoat abtragen. Wenn man unsicher ist, ob der Primer am Boot ein 2-Komponenten Primer ist, dann mit starken Lösungsmitteln wie Isopropanol ran und probieren ob es sich auflöst. Im Zweifelsfall runter damit.

    • Bei Arbeiten mit Farben und Epoxy ist Sauberkeit extrem wichtig. Viele Staubtücher und Isopropanol besorgen und damit permanent alles großzügig säubern.

    • Wir würden keinen Saildrive oder andere Aluminiumteile mit Coppercoat streichen. Coppercoat meint offiziell, dass das möglich ist, aber sobald es nur einen Kontakt irgendwo zwischen Kupfer und Aluminium in der salzigen Meerumgebung gibt, hat man ein Disaster.

    • Beim Primer aufpassen, die meisten Primer müssen ausdampfen, also man muss ca. eine Woche warten nach dem Primer streichen und bevor man Coppercoat streichen kann. Hempel Dickschichtprimer ist lösungsmittelfrei und muss das nicht, sprich man kann Coppercoat gleich im Anschluss (natürlich sobald er getrocknet ist) streichen.

    • Für unser 10 m Boot war das Coppercoat streichen zu zweit ein 9-stündiger Job ohne Pause (außer einer kurzen Klopause). Es empfiehlt sich zu Dritt zu sein. Nicht vergessen das flüssige Coppercoat immer wieder umrühren damit das Kupfer gut verteilt ist.

    • Das Anschleifen/Aktivieren vom Coppercoat war für uns einer der mühsamsten Tätigkeiten überhaupt. Man findet im Internet, dass es beinahe komplett glatt geschliffen sein soll und das am besten mit 400er Schleifpapier. Mit 400er Schleifpapier wären wir in 3 Jahren auch noch nicht fertig gewesen. Wir haben unser Coppercoat extrem glatt wie beschrieben geschliffen. Dazu haben wir uns hochqualitatives (teures) 120er Schleifpapier gekauft und damit vorsichtig das gröbste glatt geschliffen. Danach vorsichtig mit feinerem Schleifpapier den Rest. War das nötig? Wir denken nicht, wir haben in der Zwischenzeit andere Boote gesehen, die dass nicht so genau gemacht haben und gerade im Mittelmeer auch keine großen Probleme damit hatten. Nach 3 Jahren sieht man an unserem Boot nun auch, dass wir stellenweise sehr viel Coppercoat durch das extreme Schleifen verloren haben.

    • Fazit zu Coppercoat: Es ist kein Wundermittel. Man muss immer mal wieder ins Wasser weichen Bewuchs abschrubben, allerdings ist das bei den anderen Langfahrern mit normalen Antifouling auch nicht anders. Der große Vorteil ist, man spart sich für längere Zeit das Streichen von neuem Antifouling und es löst sich auch nicht beim Putzen ab, wie bei manch anderen Weichantifoulings (das haben wir bei Freunden erlebt - da sind wir beim Putzen im Antifouling geschwommen). Ob das den Aufwand des initialen Mehraufwands den man durch das Herrichten des Unterwasserschiffs hat rechtfertigt, hängt wohl von mehreren Faktoren ab. Z.B.: Besitze ich das Boot lange, also habe ich von der langen Lebenszeit des Coppercoats einen Mehrwert? Muss ich ohnehin die alten Schichten Antifouling abtragen? Bei einer Kostennutzenrechnung sollte man jedenfalls nicht einrechnen, dass man das Boot wesentlich weniger kranen muss. Es gibt immer wieder andere Arbeiten vor allem am Saildrive oder der Welle oder sonstigem und man krant das Boot eigentlich mindestens alle 2 Jahre ohnehin raus.

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